Das Salzfest gehört schon dem Namen nach zu einer Salzstadt. So sollte es sein. Schließlich hat Halle ja auch einiges rund um das Salz zu bieten, so zum Beispiel die Salzwirker-Brüderschaft, das Salinemuseum, die „Alte Salzstraße Halle-Prag e.V., den Hanseverein e.V.“ , den Salzstadtclan e.V. mit der Salzmagd und einiges mehr. Wobei in Halle der Eindruck entsteht, dass jeder sein eigenes Salzsüppchen kocht. Manchmal ignoriert man sich auch ein wenig, weil Konkurrenzdenken die Zeiten am besten überdauert. Nun gut, Halle hatte schon immer ein Problem sich und seine engagierten Leute unter einen Hut zu bringen.
Der Hallenser und die Gäste sahen auf dem Markt einen riesigen Rummel, wo man sich wunderbar verköstigen konnte. Da war das Salz in Wurst und Co. wohl omnipresent. Das Mittelalter, die Hoch-Zeit des Salzes, wurde immerhin durch das Zelt des Hansevereins und einem weiteren Handwerkszelt verkörpert. Die Hanseleute stellten dann auch die „Magna Charta Hallensis“ in einem Stück nach. Doch wer dieses historisch bedeutsame Stück vor 10 Jahren erlebte, mit einem Tross von Mittelalterleuten und einem integrierten Spiel von einem Fischer und seiner Tochter, sah sich heute einer eher minimalistischen Aufführung mit wenig Personen gegenüber. 2012 gab es noch am Roten Turm eine richtige Salzbühne mit einer tollen Salzlandschaft, wo ein Stück um einen Salzdieb gespielt wurde. Dafür wurde sogar noch richtig geprobt. „Die Zeiten sind heute vorbei“, gab einer der heutigen Akteure zu, „Man geht auf die Bühne, spielt was und gut.“ Er erinnerte sich an die Zeiten, als es noch traditionelle Theaterstücke des Hansetheaters gab. Die Hauptbühne, wo Stephan Beyer sich redlich mühte, die Hallenser zu unterhalten, sah wenigstens irgendwie etwas nach Salzfest aus, dank dem Hallischen Hanseverein e.V..
Bezeichnend für das Salzfest war an diesem Tag eine seltsame Episode. Am Nachmittag gegen 15:00 Uhr stand ein alter Hallore kopfschüttelnd und mutterseelenallein auf dem Markt, der von allen Seiten wie ein Fremdkörper betrachtet und fotografiert wurde. Ein Mann aus der historischen Geschichte der Stadt Halle, der sich in seiner eigenen Geschichte nicht wohlfühlte. Auf dem Weg zum Marktplatz wurde er von Kindergruppen bestaunt und die Kindergärtnerinnen erfuhren etwas über die silbernen Knöpfe. Ein seltsames, kurzes Highlight. Auf dem Marktrummelplatz hinter bunten Luftballons nahm er sich irgendwie fehl am Platz aus.
Warum die Halloren am Marktgeschehen nicht teilnahmen, bleibt wohl ihr Geheimnis, aber was der Vorstand beschließt, muss nun mal umgesetzt werden. Das nennt man Demokratie oder so. Für die Salzstadt Halle eine Tragödie im Hinblick auf die Touristen oder eben eine Tradition, da ja auch der Internationale Hansetag einst abgesagt wurde.
Wer Halloren sehen wollte, musste sich hinter Kaufhaus Lührmann auf pfännerschaftlichen Gebiet bemühen. Historisch waren sich Pfänner und Halloren einstmals fremd. Die einen waren die Besitzer der Pfannen, die anderen waren die unterste Schicht, nämlich die Salzwirker, die das Salz, dass Halle reich machte, „zusammenkratzte“. Es waren zwar nicht viele Halloren an diesem historischen Tag des Salzhandels anwesend, was eigentlich für einen Laien verwunderlich ist. Das kann natürlich an ihrer Arbeitszeit am Samstag liegen oder am mangelnden Interesse oder anderen Gründen, wer weiß das schon. Auf dem kleinen pfännerschaftlichen Gelände wurde der neu gebaute Solebrunnen für die Gäste geöffnet und man schaute in die Tiefe oder konnte das salzige Wasser kosten.
Hier fand also der historische Salzhandel statt, der eigentliche Kern des Salzfestes. Wer das Sehen wollte, musste am Freitag mindestens MZ und Facebook besitzen, wo es denn endlich angekündigt wurde. Im offiziellen Flyer fand diese Tatsache keine Erwähnung. Das der „Alte Salzstraßenverein e.V.“ die ganze Sache organisierte und die Lößnitzer unter seine Fittiche nahm, schien auch irgendwie bis dahin untergegangen zu sein. Warum das nicht früher angekündigt werden konnte und auch erst nach Beschwerden, ist wieder so ein ungelöstes Geheimnis. Für die angereiste Lößnitzer Delegation mit ihrem Bürgermeister war es, sagen wir mal eine organisatorische Schwäche, dass sie auf ein kleines Gebiet abgedrängt wurden. Lößnitz ist seit Jahren ein Partner des Salzfestes, da Hallisches Salz diese Stadt einst reich machte. Die Salzstadt mit ihren 7600 Einwohnern ist sich dieser Tatsache sehr wohl bewusst. Umgekehrt besucht auch eine Delegation der „Alten Salzstraße e.V.“ die kleine erzgebirgische Stadt, die sich auch an den Kosten beteiligt. Halle selbst oder die Halloren nehmen nur wenig Notiz davon. Ist nicht so ihr Ding oder sie haben keine Zeit, was weiß ich schon. Herr Geyer, amtierender Bürgermeister, nahm noch den dicken Wälzer mit 356 Seiten des Hallischen Lexikons in Augenschein, der frisch gedruckt als Probeversion ihm vom Salzstadtclan e.V. „untergeschoben“ wurde und war nach eigenen Angaben beeindruckt. Geschichte zum Blättern. Herr Troll, der den Verein schon kannte (durch den Besuch einer Delegation zum Lößnitzer Salzfest 2022) bemerkte, „dass es gut sei, wenn man engagierte Bürger hat“. Nun ja, er weiß ja nicht, dass es keiner in Halle weiß. Da kennt man wenigstens die Halloren, auch wenn sie heute nicht breit gestreut waren.
Auf einer kleinen Bühne, mit der Optik einer Baustelle im Hintergrund, durften dort der Bürgermeister von Lößnitz, Herr Troll und der amtierende Bürgermeister von Halle, Herr Egbert Geyer, vor nicht allzu vielen Zuschauern sprechen. Warum das Ganze nicht auf dem Marktplatz vor tausenden Hallensern stattfand, bleibt ein weiteres Geheimnis. Aber wenn ein wichtiger „Verein“ schon bestimmt, dann wohl richtig und allumfassend. Das nennt man dann historisch gewachsen.
Als Lößnitz, sein Salzfest 2022 absolvierte, wie jedes Jahr, hatte man den Eindruck, die ganze Stadt macht mit und dass trotz der Hitze im Juni. Ein historischer Umzug wurde organisiert, ein Festakt, die Salzstraße durfte, anders als in Halle, für die Zuschauer sieden. Man hat sich dort als Gast wohl gefühlt und auch die mitgekommenen Halloren waren begeistert. Da war Organisation und Lust zu mehr drin, wie die Lößnitzer beim gemütlichen Zusammensein mit dem Verein „Alte Salzstraße e.V.“ am Samstagabend äußerten. Und sie luden sogar gleich den Salzstadtclan e.V. ein, um nächstes Jahr bei ihrem Salzfest mitzuwirken. Zugegeben der Freizeit- und Kreativverein wurde auch zum Salzfest eingeladen, aber das war sehr kurzfristig und der Zeitplan nicht zu halten, da geprobt werden musste. In Halle laufen die Uhren wohl zu schnell ab. Halle wurde ja nie Kulturhauptstadt. Das ist nach dem gestrigen Tag weder ein Geheimnis noch verwunderlich.
Wenigstens heute am Sonntag findet das Bornknechtrennen wieder statt, das seinen Ursprung in der Salzgeschichte. Vielleicht tauchen dort ein paar Halloren auf, die ja eigentlich diesen Vorgang begleiten müssten, sind ja darin ihre Ursprünge zu suchen. Das wäre dann mal eine Sache. Aber vielleicht können wir auch von den Lößnitzern eines lernen, Demut vor der Geschichte und nicht das Beharren auf, sagen wir mal kleinlichen Differenzen.
Der Verein „Alte Salzstraße e.V.“ wird Lößnitz am 07.10. besuchen, Geschenke mitbringen und an der Dankeschönveranstaltung teilnehmen. Dort, wie auch beim letzten Mal, wird ein kleiner Hallischer Sketch gezeigt, den auch kaum einer in Halle kennt, aber das ist auch schon nicht mehr so schlimm.